Entwicklung des Industriestandortes
Weimar-Werk
… eine über 100-jährige Geschichte
Was erwartet Sie auf diesen Seiten – werden Sie sich fragen. Es ist nun einmal so, dass die Menschen der Region noch immer vom Mähdrescherwerk oder vom Weimar-Werk reden, obwohl beide Namen nur jeweils eine kurze Zeit der korrekte Namen eines Industriegebietes am Rande der von Hochkultur bestimmten Stadt Weimar waren. Bereits 1898 begann man Eisenbahnwaggons an dieser Stelle zu bauen. In wechselvoller Geschichte setzt sich das bis 1952 fort, ehe man den Wechsel in der Produktion hin zu Landmaschinen und Bautechnik vollzog. Mit der politischen Wende in der DDR endete die Geschichte des Industriestandortes nicht, obwohl sich das einige Kulturbürger der Stadt Weimar so vorgestellt haben. Im Jahr 1998 gab es eine 100 Jahrfeier und im Jahr 2008 eine 110 Jahrfeier des Industriegebietes „Weimar – Werk“. Im Jahr 2023 feierte man nun das 125jährige Bestehen. Ein Ende ist nicht in Sicht. Es lohnt sich also, sich mit diesem Stück Industriegeschichte zu beschäftigen. Dem soll diese Website dienen.
Der kurze Abriss der Geschichte wurde dem Buch „100 Jahre Industriestandort Weimar – Werk“ entlehnt, die dort ausführlicher durch die Autoren dargestellt und umfangreich mit Bildmaterial illustriert, anläßlich der 100-Jahr Feier herausgegeben worden ist. Das Buch kann über diese Internetseite erworben werden. Verwenden Sie dazu die Verbindungen auf der Kontaktseite.
Zeittafel
24.01.1898 | Gründung der "Waggonfabrik Weimar AG" durch das "Bankhaus Callmann & Co." mit Leipziger und Dresdner Unternehmen als Aktiengesellschaft (AG) gegündet. Erste Produktion von Güterwagen auf dem Gelände einer ehemaligen Ziegelei, Buttelstedter Straße |
Jahresproduktion: 336 Güterwaggons in 44 verschiedenen Typen | |
300 Arbeitskräfte | |
1901 | Nach Konkurs Neugründung "Aktiengesellschaft für Eisenbahn- und Militärbedarf Weimar" Herstellung von Eisenkonstruktionen, Übergang zur Produktion von Straßenbahnwagen, Güter-, Gepäck- und Personenwagen |
20.04.1908 | Einweihung des Volkshauses |
1914 | "Waggon- und Maschinenfabrik AG" vorm. Busch Bautzen Übernahme der Aktienmehrheit durch die Waggon- und Maschinenfabrik AG W. Busch in Bautzen, Umstellung auf Rüstungsproduktion Ansiedlung an der Kromsdorfer Straße (Großkromsdorfer Straße) Produziert werden Güterwagen, Gespannwagen, Munitionswagen, Haubitzenräder, Protzen, Feldküchen |
600 Arbeitskräfte | |
27.09.1919 | "Aktiengesellschaft für Eisenbahnbedarf Weimar" Umstellung der Produktion auf Personen-, Güter- und Straßenbahnwagen |
600 Arbeitskräfte | |
14.03.1921 | "Waggon- und Maschinenfabrik AG", vorm. Busch Bautzen Verschmelzung der Waggon- und Maschinenfabrik AG mit der AG für Eisenbahnbedarf zur "Waggon- und Maschinenfabrik AG", vormals Busch |
1924 | Vorübergehende Stillegung des Betriebes und anschließende Erhöhung der Arbeitszeit von 9 auf 10 Stunden. Wegen schlechter Auftragslage wird nur periodenweise gearbeitet Rückgang auf 300 Arbeitskräfte |
01.10.1927 | "Linke-Hofmann-Busch-Werke AG" Fusion der Firma und mehreren AG zum größten Waggonbaukonzern Deutschlands, der "Linke-Hofmann-Busch-Werke AG" |
1931 - 1932 | absolute Stillegung des Betriebes infolge Auftragmangels |
1934 | "Waggon- und Maschinenfabrik AG", vorm. Busch Bautzen Auflösung der "Linke-Hofmann-Busch-Werke AG" Neugründung als "Waggon- und Maschinenfabrik AG", vormals Busch Bautzen Beginn des baus von Militärfahrzeugen |
04.11.1936 | "Berlin-Suhler Waffen- und Fahrzeugwerke GmbH Weimar-Werk" |
1937 | Der Zusatz "Weimar-Werk" wird in "Fritz-Sauckel-Werk" abgeändert (Sauckel war nazistischer Reichsstatthalter und Gauleiter von Thüringen) |
Produktion: Granatwerfer, Flak 20 mm, Karabiner 98 K und andere militärische Ausrüstung | |
über 1000 Arbeitskräfte | |
Februar 1939 | "Gustloff-Werke Nationalsozialistische Industriestiftung" |
vorwiegend Waffenproduktion | |
Dezember 1939 | "Werkzeugmaschinenfabrik Weimar GmbH" entsteht nördlich der Kromsdorfer Straße gepachtet von den Gustloff-Werken und 1943 Angliederung Erweiterung auf dem Gelände, Errichtung des sogenannten Ostarbeiterlagers |
1942 | Bau von 13 Werkhallen auf dem Ettersberg als "Gustloff-Werk II Buchenwald", Einsatz von 4000 Häftlingen in der Rüstungsproduktion |
24.08.1944 | totale Zerstörung durch Bombenangriffe |
315 Häftlinge wurden getötet | |
Anfang 1945 | über 6000 Beschäftigte, ausländische Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene, 2500 Häftlinge, 1800 Mann deutsche Stammbelegschaft Bombenangriffe zerstörten 80 % des Hauptwerkes |
Die Gustloff-Werke und die Werkzeugmaschinenfabrik wurden nach Kriegsende durch einen Sequester geführt | |
bis Mai 1946 | Demontage der Betriebseinrichtungen |
11.10.1945 | Umwandlung des Fritz-Sauckel-Werkes und der Werkzeugmaschinenfabrik Weimar in die "Industriestiftung, Gemeinschaftswerk Thüringer Arbeiter in Weimar" die Arbeit bestand in der Reparatur von Waggons |
944 Arbeitskräfte im September 1945 | |
bis Juli 1946 | 1482 Waggons instand gesetzt |
1500 Einbaufenster | |
2 Einachsschlepper | |
2360 Vorsatzbretter | |
1000 Lichttafeln | |
86 Wagenräder | |
31.07.1946 | Sowjetische Aktiengesellschaft für Transportmittelbau Berlin-Weißensee "Waggonbau Weimar" Mit Befehl 167 der SMAD sind die Vermögenswerte des früheren "Fritz-Sauckel-Werkes" und der früheren "Werkzeugmaschinenfabrik Weimar GmbH" als Teil deutscher Reparationsleistungen in das Eigentum der UdSSR übergegangen. |
Produktion von Personen-, Güter- sowie Langholzwagen und Elektroenergiestationen auf Schmalspur, Kühl-, Kessel- und Bitumenwagen auf Normalspur | |
bis 1949 | Erster Generaldirektor war Oberstleutnant Jewgenij N. Schumow |
Die gesamte Produktion wurde als Reparationsleistung an die Sowjektunion geliefert | |
1947 | 2436 Arbeitskräfte |
1948 | 2637 Arbeitskräfte |
1949 | 2921 Arbeitskräfte |
01.05.1952 | Übergang des SAG-Betriebes "Waggonbau Weimar" in Volkseigentum unter dem Namen "VEB Waggonbau Weimar" |
3500 Arbeitskräfte | |
20.10.1952 | Handelsregistereintragung der Namenänderung in "VEB LOWA Waggonbau Weimar" |
1953 | Fertigstellung des 1. Dieselmechanischen Schienenkranes (Diems-Kran) |
insgesamt werden 1953/1954 24 derartige Kräne hergestellt | |
3590 Arbeitskräfte | |
11.03.1953 | Umbenennung in "VEB Kranbau Weimar" - diese Firmierung wurde nicht in das Handelsregister eingetragen |
Produktion von Schiffshebekränen | |
22.12.1953 | Eintragung der Namenänderung "VEB Mähdrescherwerk Weimar" |
1954 | Fertigstellung des 6000. Kartoffelsortierers |
Erster Mähdrescher S4 nach sowjetischen Unterlagen - später eigene Entwicklung | |
Erste Kartoffelerntemaschinen vom Typ E 671 werden nach sowjetischer Lizenz (KOK-2) produziert | |
3750 Arbeitskräfte | |
1955 | 3738 Arbeitskräfte |
1956 | 3944 Arbeitskräfte |
1957 | Anlauf der Nullserie des Laders T 170 |
Bau von Omnibusankängern vom Typ W701 | |
weiterhin werden produziert: Transportbänder, Hubtische, Schülerschränke und Wohnzimmerschränke | |
3856 Arbeitskräfte | |
1958 | 3822 Arbeitskräfte |
24.09.1959 | Fertigstellung des 2000. T170 |
1959 | 4174 Arbeitskräfte |
1960 | Produktion des ersten Seilzugaggregates SZ 24 |
1961 | 4257 Arbeitskräfte |
24.07.1962 | Der 6573. Mähdrescher verläßt das Werk. Damit wird die Mähdrescherproduktion in Weimar eingestellt und nach Singwitz in Sachsen verlagert |
1962 | Beginn der Produktion des selbstfahrenden Laders T172 |
4153 Arbeitskräfte | |
1963 | Beginn der Montage des Siebkettenrodelader E 649 |
Entwicklung des T173 | |
01.01.1964 | Namensänderung in "VEB Weimar-Werk" |
Juni 1964 | Vorstellung des 1. kompletten Maschinensystems für Kartoffelproduktion anlässlich der AGRA Landwirtschaftsausstellung in Leipzig Markkleeberg |
1967 | Fertigstellung des 8.817. T172 |
Produktionsanlauf des Mobilkranes T 174-1 | |
01.01.1970 | "VEB Weimar-Kombinat" |
23.08.1972 | Eintragung des "VEB Weimar-Werk" - das Weimar-Werk wird Stammbetrieb des neuen Kombinates |
1975 | Fertigstellung der neuen Produktionshalle "Zentrale Kettenfertigung" |
Mobilkran T 174-2 geht in die Serienproduktion | |
1976 | Nullserie des Kartoffelrodeladers E 684 läuft an |
01.01.1979 | Das "Weimar-Kombinat" wird aufgelöst und der Betrieb dem "Kombinat Fortschritt Landmaschinen Neustadt" in Sachsen unterstellt |
1980 | Der erste Mobilkran T 185 aus der Nullserie verläßt die Taktstraße |
1981 | Anlauf des Rodetrennladers E 686 |
19.11.1981 | Die 80.000 Kartoffelerntemaschine verlässt das Werk |
18.12.1983 | Inbetriebnahme des Heizwerkes auf Braunkohlebasis |
1984 | Die erste Stallarbeitsmaschine HT 140 wird fertiggestellt |
1985 | Übergabe der Mehrzweckkammeröfen in der Härterei |
1985/86 | Übergabe eines programmgesteuerten Laser-Blechbearbeitungszentrums |
1986 | Übergabe des Computer-Kabinetts zur Ausbildung von Lehrlingen und Weiterbildung |
1988 | Produktionsanlauf des Mobilkranes T 188 |
Bis 6000 Beschäftigte | |
30.04.1990 | Die Geschäftsführung des "VEB Weimar-Werk" erklärt den Austritt aus dem "Kombinart Fortschritt Landmaschinen" |
22.05.1990 | Umwandlung des "VEB Weimar-Werk" in die "Weimar-Werk GmbH" |
14.09.1990 | Erste Sitzung des Aufsichtsrates der "Weimar-Werk GmbH" im Volkshaus in Weimar Gründung von 13 Geschäftseinheiten als Profitcenter |
Es wird der Vorsitzende und sein Stellvertreter gewählt. Als Mitglieder wurden in der Gesellschafterversammlung tags zuvor gewählt: | |
Herr Dr. Büttner (Bürgermeister der Stadt Weimar) | |
Herr Dr. Hacker (Rechtsanwalt und Notar) | |
Herr Most (Vorstandsmitglied Deutsche Kreditbank GmbH) | |
Herr Kerner (Geschäftsführer Multiconsult GmbH Jena) | |
sowie als Mitglieder der Belegschaftsvertretung die Herren Tenzer, Heyne, Rüdiger und Dank (IG Metall) | |
01.01.1992 | Gründung von fünf selbständigen Tochterunternehmen: |
Weimar-Werk Baumaschinen GmbH | |
Weimar-Werk Maschinenbau GmbH | |
Weimar-Werk Stahlbau GmbH | |
Weimar-Werk Wesoma GmbH | |
Weimar-Werk Dienstleistungs-GmbH | |
des weiteren gibt es eine Reihe von Privatisierungen und Ausgründungen durch Management Buy Out, an denen die Weimar-Werk GmbH nicht beteiligt ist. | |
1993 | Privatisierung der |
Weimar-Werk Maschinenbau GmbH an die Fa. Fendt | |
Weimar-Werk Stahlbau GmbH an Lehmer&Partner | |
Weimar-Werk Wesoma GmbH als Management Buy Out | |
21.11.1994 | Die Treuhandanstalt beschließt die Auflösung der Weimar-Werk GmbH zum 31.12.1994. Zum Liquidator wird Herr Rechtsanwalt Peter Guttenberger bestimmt. |
01.01.1995 | Termin der Liquidationseröffnungsbilanz der Weimar-Werk GmbH. Zum Prüfer wird die KPMG bestimmt. |
16.12.1996 | Privatisierung der Weimar-Werk Baumaschinen GmbH an den dänischen Hydrema Konzern nach europaweiter Ausschreibung. Zuvor erfolgte eine Modernisierung unter der Eigentümerschaft der EREL Management GmbH und Co KG, die die Anteile an dieser Firma von der Treuhand übertragen bekommen hatte. |
06.04.1997 | Verschmelzung der "Weimar-Werk GmbH i.L." (in Liquidation) mit der AMEGAN Vermögens- und Verwaltungs-Aktiengesellschaft mit Sitz in Dresden, der künftigen "Robotron Büromaschinenwerk AG Sömmerda" mit Sitz in Sömmerda spätestens zu diesem Zeitpunkt kann man davon sprechen, dass die alte Weimar-Werk Geschichte ihren Abschluss gefunden hat. |
Das Weimar-Werk lebt!
Die Geschichte „Weimar-Werk“ hat aber eine Fortsetzung gefunden, seit sich die Stadt Weimar, nach Weggang ihres ersten Nach-Wende Bürgermeisters Dr. Büttner, zu ihrem ältesten Industriegebiet bekannt hat.
Im Jahr 1998 feierten die Firmen des Industriegeländes den 100. Geburtstag des Industriegebietes mit ehemaligen Mitarbeitern und Bürgern der Stadt, die sich informieren wollten, was aus dem ehemals größten Industriegebiet der Stadt nach der politischen Wende in der DDR geworden ist.
Helmut Fischer und Dr. Hans-Jörg Zöllner haben aus diesem Anlaß die Vielzahl der vorhandenen Unterlagen und die Berichte unmittelbar Beteiligter in einem Buch zusammengestellt, welches nach wie vor aufgelegt wird und käuflich erworben werden kann.
In den folgenden 10 Jahren hat die Stadt Weimar nun ihr Industriegebiet „Weimar-Werk“ auf die Anforderungen der Neuzeit weiterentwickelt und saniert.
Im Jahr 2008 haben die Stadt Weimar, die Firmen des Industriegebietes mit ihren Mitarbeiter, Kunden und Gästen, die Landesregierung mit ihrem Wirtschaftsminister und die Industrieverbände 110 Jahre Weimar-Werk gefeiert. Und es ist abzuschätzen, dass das Weimar-Werk noch eine lange Zukunft vor sich hat.